#handygate? Ach was!

handygateEin Großteil unserer politischen Elite hat es uns jetzt wieder gründlich gezeigt: “All animals are equal, but some animals are more equal than others.” Seit Monaten enthüllt uns Edward Snowden die totale Überwachung unserer Kommunikation und Privatsphäre durch die Vereinigten Staaten, Großbritannien und was sich auf der Welt sonst noch für eine westliche Großmacht hält. Ein “Überwachungsskandal” der sich inzwischen zu so unfassbarer Größe entwickelt hat, dass das Wort “Skandal” dafür eigentlich schon nicht mehr ausreicht. Für das was da seit Jahren vor sich geht, müsste man eigentlich ein völlig neues Wort erfinden! Und was hat unsere uns treusorgende Bundesregierung bisher diesbezüglich unternommen? Wir wissen es alle: Nix!

Aber jetzt! Jetzt wird es Ernst!
Das Handy unserer Bundeskanzlerin wird abgehört! Mutti’s SMS und Telefonate wurden von der NSA gelesen! Wohooooo! Das geht aber so gar nicht! Jetzt werden die rethorischen Hämmer ausgepackt, aber so richtig. Von einem “einem gravierenden Vertrauensbruch” ist die Rede, solche Praktiken seien “inakzeptabel” und es wird öffentlich “gemissbilligt” was das Zeug hält. Das Ausschnüffeln von 80 Millionen Bundesbürgern, das kann man noch tolerieren. ABER DAS HANDY DER KANZLERIN? DAS GEHT JETZT WIRKLICH ZU WEIT!

Ich denke, bei dem Verbalgetöse wird es aber auch bleiben.
Es gibt ja bereits Vermutungen, dass der Tatbestand den Betroffenen bereits vor der Wahl bekannt war und der Deckel nur deshalb darauf gehalten wurde, damit der Wahlk(r)ampf nicht vielleicht doch noch interessant und aufregend werden könnte. Unser “Möchtegernaußenminister” hat jetzt den US-Botschafter einbestellt, unsere Damen und Herren Politiker erregen sich kollektiv noch ein bisschen und Herr Pofalla wird nächste Woche Frau Merkels Handyverträge kündigen und das Thema dann für beendet erklären.

Bleiben wir doch ehrlich: An wirksame Maßnahmen denkt doch keiner wirklich ernsthaft! Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA aussetzen oder gar beenden? Ach was! Das Thema Datenschutz mit den USA mal ernsthaft thematisieren? Bringt doch nix! Über andere Reaktionen nachdenken? Keine Zeit, wir müssen doch gerade eine Kuschelkoalition schmieden!

Nur unsere EU-Parlamentarier haben sich ein bisschen gewehrt1 und von der EU verlangt, das SWIFT-Abkommen auszusetzen. Mehr als Symbolcharakter hat das aber auch nicht, immerhin müssen ⅔ der EU-Mitgliedsstaaten dem zustimmen. Das einzige was mir dazu dann noch einfällt, ist ein gepflegter Nelson!

Das wird sich mit Sicherheit alles schnell wieder legen und zwar völlig folgenlos. Immerhin geht es ja auch um den Kampf gegen den Terror! Und wie wir in den letzten 12 Jahren lernen durften, rechtfertigt dieses Argument so gut wie alles! Nur die einsamen Rufer in der Wüste im Netz, welche dickköpfigerweise einfach nicht aufgeben wollen, gegen eine Universalüberwachung unseres Lebens zu kämpfen, werden hoffentlich bleiben. Aber auf die hört ja sowieso keine. Otto Normaldeutsch letztendlich scheint das Thema Überwachung ja anscheinend auch egal zu sein.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle Herrn Pofalla zuvorkommen und #merkelphone bzw. #handygate jetzt schon für beendet erklären. Das erspart uns eine Menge Aufregung, vielen Journalisten eine Menge Arbeit und das Ergebnis wird soundso das Gleiche sein!

Warum ich das blogge: Weil sich in mir seit einigen Monaten ein fast schon verzweifelter Fatalismus breit macht und ich dem jetzt einfach mal nachgeben wollte…!

Update: Ich hab da noch einen richtig schönen facepalm: Thomas Oppermann von dieser Partei, die Bürgerrechte und Netzpolitik gerne als temporäres Feigenblatt nutzt: “Wer die Kanzlerin abhört, der hört auch die Bürger ab.” Da fällt mir jetzt nichts mehr zu ein! Das tut nur noch weh!

Bildnachweis: istockphoto.de
 
 
  1. Vielleicht steigt dadurch die Achtung, die wir unseren Abgeordneten im EU-Parlament entgegen bringen, mal ein bisschen? Und vielleicht nehmen wir die Europawahlen auch mal etwas ernster als bisher? []
 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen? Dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken